KAPITEL 6: Dating im Denkarium
„Oh du gefällst mir. Ja, zeig mir was für eine böse Hexe du bist.“
Schulleiter Viktor Krum hätte das laute Klopfen an seiner eisernen Bürotür eigentlich hören müssen, wäre er nicht so sehr in sein Denkarium vertieft gewesen. Auch die schrille Stimme, die jetzt rief „Schulleiter, ich muss mit Ihnen sprechen!“, schaffte es nicht einmal in sein Unterbewusstsein.
„…und eine Halbriesin bist du auch noch, mh? 15 пуд pure Liebe, genau wie ich es mag.“
Wieder ertönte die schrille Stimme.
„Herr Schulleiter, es ist dringend! Einer Ihrer Schüler hat sich so eben als Befürworter des Kapitalismus zu erkennen gegeben.“
So ein Vergehen konnte selbst sein Unterbewusstsein nicht ignorieren.
„Er hat was?“
Schnell zog er sich den glibbrigen Gedankenfaden aus dem Kopf und legte ihn zurück in das kleine Becken vor sich. Dann zog er seine Hose hoch und öffnete die Tür.
„Wer war es?“
Die unerträgliche Professorin Wahrsagowitch betrat das Büro. Ihr Anblick und ihre Stimme bereiteten ihm sofort Kopfschmerzen.
„Herr Schulleiter, haben sie schon wieder Stunden vor diesem Ding verbracht?“
Sie zeigte auf das Denkarium. In dem silbernen Becken konnte man Erinnerungen ablegen und später wieder abrufen. Unter den Menschen nannte man das auch Post-it.
„Was soll ich denn sonst machen? Das russische Fernsehen ist furchtbar. Ständige Wiederholungen von „Wer wird Millionär, teilt dann aber all sein Geld mit dem Staat?“ und dazwischen Dauerwerbesendungen von 90-jährigen Großmüttern, die Zwiebeln schälen und alle sechs Stunden das Wetter ansagen.
„Aber Herr Schulleiter…“
„…und vergessen wir nicht die hundertste Wiederholung von ‚True Dostoevskys‘ und „Tschernobyl: Die gekürzte Version“.
„Schulleiter Krum, wir wissen doch beide, worum es hier wirklich geht. Mein Fachgebiet ist schließlich das Wahrsagen. Sie können mir nichts vormachen. Seit Sie den Versuch aufgegeben haben, echte Frauen zu treffen, hängen Sie nur noch Ihren Verflossenen im Denkarium hinterher.“
„Ach, ich kann Ihnen ja doch nichts vormachen. Ja, es ist zwecklos.“
„Dabei sind Sie doch so ein strammer Bursche. Mit gerade einmal 40 Jahren sind Sie einer der jüngsten Junggesellen an dieser Schule. Zwar liegen 70 Jahre zwischen uns, aber ich würde sie sofort f-“
„Das reicht Professor! Sie waren doch aus einem anderen Grund hier. Wer von meinen Schülern hat sich bekannt und wie wurde er bestraft?“
„Oh, was das angeht. Das war eine kleine Notlüge, um Sie aus Ihren feuchten Träumen zu reißen. Eigentlich geht es um etwas viel Wichtigeres!“
Der Schulleiter sah nun sichtbar verärgert aus, unterbrach die nervtötende Hexe aber nicht. Er wollte das hier schnell über sich ergehen lassen und sich anschließend sofort wieder in seinen Erinnerungen ertränken.
„Herr Schulleiter, Dinge sind vorgefallen und Dinge werden noch vorfallen. In Kürze werde ich eine Wahrsagenstunde unterrichten und diese wird dazu führen, dass ich mich anzünde und aus dem Fenster meines Klassenzimmers springe.“
Jetzt unterbrach er sie doch.
„Aber ihr Klassenzimmer ist im ersten Stock. Sie werden sich bestenfalls ein paar Knochen brechen.“
„Herr Schulleiter, ich bin weit über 90. Allein die Schwerkraft beim Sturz wird mich schon zusammenfalten wie das benutzte Taschentuch eines Jugendlichen, der von seiner Tante Anastasia erwischt wird, weil seine rachsüchtige Schwester ihn verpetzt hat.“
„Also werden Sie sterben?“
„So ist es.“
„Aber… dann tun Sie es einfach nicht.“
„Ich muss.“
„Warum?“
„Weil ich verrückt bin.“
„Nun…“
„Und viel wichtiger: Weil man die Zukunft nicht verändern kann.“
„Das sehe ich ein.“
In seinem Kopf malte sich Krum bereits eine Welt ohne die nervige Professorin aus. Dann dachte er an all die Bewerbungsgespräche, die er führen müsste, um sie zu ersetzen und bekam direkt wieder schlechte Laune.
„Jedenfalls bleibt mir nicht viel Zeit und deswegen will ich Ihnen all meine wichtigen Erinnerungen spenden, damit Sie sehen können, wie es zu den Ereignissen kommen konnte und was Sie zukünftig noch erwartet.“
„Das leuchtet ein, aber wie können Sie mir Erinnerungen an Dinge zeigen, die noch gar nicht geschehen sind?“
„Na, weil ich Wahrsagen kann. Ich habe Erinnerungen an Ereignisse, an denen ich gar nicht beteiligt war. Ich habe sie alle in meiner magischen Kugel gesehen.“
„Wow, das ist tatsächlich faszinierend. Sie arbeiten seit 20 Jahren hier und ich erkenne zum ersten Mal Ihren Wert.“
„Danke, aber genug der Schmeicheleien. Mein Unterricht fängt gleich an. Hier sind meine Erinnerungen.“
Anstatt wie üblich einen Zauberstab an ihren Kopf zu halten, um die fadenförmigen Erinnerungen herauszuziehen, holte die Professorin einen Becher aus ihrer Tasche. Die Art von Becher, die man normalerweise für eine Samenspende verwenden würde. Wie sie an den gekommen war, würde Schulleiter Krum für immer ein Rätsel bleiben. Na ja zumindest dachte er das, doch er sollte später feststellen, dass die Professorin auch einige unangebrachte Erinnerungen in ihren Becher gemischt hatte. Einige davon waren so schlimm, dass er das Dating danach für immer aufgeben würde.
„Bewahren Sie den gut auf. Ich muss jetzt in meinen Unterricht. Es war mir eine Freude für Sie gearbeitet zu haben.“
„Ihre Familie wird eine großzügige Abfindung bekommen.“
„Ich habe keine Familie.“
„Ich weiß aber Sie waren wie eine Tante für mich.“
Von diesen Worten war die Professorin so sichtlich gerührt, dass sie schnell kehrtmachte, bevor der Schulleiter ihre Tränen sehen konnte. Sie schloss die Tür hinter sich und machte sich auf den Weg zu ihrer letzten Stunde.
KAPITEL 7: Erinnerungen
Kurz dachte Schulleiter Krum darüber nach, die Sicherheit seiner Schüler voranzustellen und die Professorin von der geplanten Eskalation und Selbstentzündung abzuhalten. Doch er war viel zu gespannt darauf, was er in ihren Erinnerungen finden würde. Nur war das ein wenig so, als würde man ohne Werbeblocker durchs Internet surfen. Ja, er bekam die interessanten Clips zu sehen, aber dazwischen gemischt war ein reines Bombardement an expliziten, ungefilterten Erinnerungen, die die Professorin wohl als ‚letztes Geschenk‘ für ihn dazwischen gemixt hatte. Immerhin erklärten sie endlich, warum der Lehrer für Zaubertränke so oft in ihrem Büro gesehen worden war und auch, warum das Essen im Lehrerzimmer seit geraumer Zeit so verändert schmeckte.
Trotz all dieser Schrecken hatte sich der Ausflug ins Denkarium gelohnt. Dank Ihrer Wahrsagenkräfte hatte die Professorin Einblicke in Dinge gewonnen, die sie mit ihren eigenen Augen gar nicht hätte bezeugen können.
In einer ihrer Erinnerungen sah Krum die drei Jungen aus England, die am Bahnhof King’s Cross von ihrem Vater Harry Potter verabschiedet wurden. Der Anblick seines ehemaligen Kontrahenten sollte Krum eigentlich endgültig den Tag vermiesen, doch etwas heiterte ihn dann doch auf. Harrys dümmlicher Freund Ron Weasley, der ihm einst seine geliebte Hermine weggenommen hatte, stand jetzt an der Seite einer anderen, unscheinbaren Frau namens Pamela. Hätte Krum es nach all den Jahren noch einmal bei Granger versuchen sollen? Lieber nicht. Allem Anschein nach hatte sie sich dem Zaubereiministerium angeschlossen. Würde er sie der Tradition gemäß in einen Sack stecken, mit in sein Land nehmen und dann unter vorgehaltener Kalaschnikow zwingen, seine Frau zu werden, würde seine eigene Regierung das sicher als Hochverrat und Spionage deuten.
Nachdem Weasley sich selbst unter seinem roten Tesla begraben hatte, rannte Potter mit seinen drei Kindern zum Durmstrang-Express und geriet sichtlich in Panik als er zu spät die Aufschrift auf dem Zug bemerkte.
Die nächste Erinnerungen zeigte, wie die Jungen, ihre Namen waren Albus, Snape und Frodo im Durmstrang-Express am Bahnhof ankamen und im weißen Van in diese Schule gefahren wurden. In dem Van war natürlich nicht genug Platz gewesen und so musste der kleinste von ihnen – sein Name war Frodo – hinter dem Auto her laufen. Krum, ein großer Verfechter von natürlicher Selektion, konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Die nächste Erinnerung – oh nein Professor Wahrsagowitch mit dem Tränkelehrer unter der Dusche. Krum musste das Erbrochene zurückhalten.
Danach sah er die Sortierzeremonie am ersten Tag. Als der Junge namens Frodo den Zauberhut aufsetzte, wurde er das Opfer einer weiteren Selektion, denn er wurde, wie so viele andere Kinder, die das Ministerium für untragbar hielt, aussortiert. Umso erstaunter war Krum als er in der nächsten Erinnerung ein Mädchen namens Frodoline erblickte, das dem Jungen zum Verwechseln ähnlich sah. Hatte er es etwa aus dem gefliesten Raum heraus geschafft?
In weiteren Erinnerungen konnte Krum die beeindruckenden Fortschritte der fremden Zauberlehrlinge beobachten. Der Squib Snape hatte zwar anfangs versucht, aus der Schule zu flüchten, sich dann aber als absolutes Ass im Trankbrauen erwiesen. Sein Nervengift war von allererster Güte.
Sein Bruder Albus war ein Streber, wie er im Buche stand und machte sich schnell Freunde und Rivalen, ganz wie von Krum vorgesehen. Der schweigsame Stahl, die Ratte Fieps und die auffällige Frodoline folgten ihm nun auf Schritt und Tritt. Auf der anderen Seite schmiedete sein designierter Rivale Drago immer neue Intrigen, um die Potter-Brüder ans Messer zu kriegen. Seine Lakaien Crap und Ghoul waren dabei nur wenig hilfreich.
Krum wühlte sich weiter durch die Erinnerungen von Professor Wahrsagowitch und wünschte sich mehrere Male, er könne sein Kurzzeitgedächtnis mit Bleach übergießen, als er endlich auf den Schlüsselmoment stieß. Albus hatte Snape nach einer gewonnenen Wette mit in den Wahrsagenunterricht geschliffen, wo die Professorin ihm eine schwerwiegende Vorhersage machte. Das musste gerade erst geschehen sein, denn er hörte jetzt laute Schritte und Schreie draußen in den Gängen, die er entschied zu ignorieren. Und so trug es sich zu:
Sie schüttelte den Ball und las dann die Nachricht, die in der kleinen Öffnung erschienen war: Snape Potter wird der dunkelste Magier aller Zeiten werden.
Professor Wahrsagowitch riss die Augen weit auf und begann in fremden Zungen zu sprechen. Dann drehte sie sich auf der Stelle immer wieder und wieder wie ein Karussell. Jetzt begann sie ihre Haare einzeln herauszureißen und die Schüler in der ersten Reihe zu treten.
Snape, der selbst kurz erschrocken war, gewann seine Fassung zurück.
„PROFESSOR, HÖREN SIE AUF! Die Vorhersage kann nicht stimmen, ich … ich“, es fiel ihm immer noch schwer, es laut auszusprechen, „ich bin ein Squib. Ich kann nicht zaubern.“
„Oooooooh nein Mister Potter.“ Sie hörte auf, sich im Kreis zu drehen. „Sie sind nur verflucht. Ein Fluch hindert sie daran, ihr enormes magisches Potenzial zu nutzen. Finden Sie den uralten Tränkemacher in den vergessenen Wäldern. Er wird Ihnen helfen. Doch seien Sie gewarnt. Er wird von einer düsteren Macht versteckt gehalten.“
Nachdem sie das gesagt hatte, zündete sie sich an und sprang aus dem Fenster.
„Es ist tatsächlich so, wie sie es gerade eben noch prophezeit hatte“, dachte Krum. „Erstaunlich. Ich hatte immer vermutet, dass sie eine Spinnerin ist, die hier nur eine Bleibe sucht. Hätte ich nur von ihren Fähigkeiten gewusst – was hätte ich alles über meine Feinde herausfinden können.“
Es folgte eine kurze Erinnerung in der Professor Wahrsagowitch eine Schlange in einen herkömmlichen Hausbesen verwandelte und anschließend dem Tränkelehrer in den –
Nein, es war besser, dass sie jetzt tot war. Und Krum würde sich auch noch auf Suche nach einem neuen Zaubertränkelehrer machen müssen.
KAPITEL 8: Schicht im Schach
„Wo gehst du hin?“, fragte Snape seinen Bruder Albus, der gerade dabei war, die Schlafsäle zu verlassen.
„Ich muss noch wohin.“
„Wie kannst du jetzt gehen? Nach dem was heute passiert ist. Hast du nicht gehört, was die Alte gesagt hat? Wenn wir nichts unternehmen, werde ich ein dunkler Zauberer.“
„Na ja, wäre das so viel anders als jetzt?“
„Es gibt ja wohl einen großen Unterschied zwischen ein paar Streichen und der nächste Hitler zu werden.“
„Hitler? Warum hast du nicht Voldemort gesagt?“
„Psst wir dürfen diesen Namen nicht sagen!“
„Aber Hitler ist okay?“
„Der war kein dunkler Zauberer… denke ich.“
„Außerdem hast du deine gesamte Zaubertränkeklasse vergiftet. Schon vergessen?“
„Das war Teil des Lernprozesses. Ich will kein dunkler Magier werden.“
„Aber du willst ein Magier werden, richtig?“
„Ich wollte nach Cambridge und jetzt hänge ich in diesem Erziehungslager fest.“
„Ich weiß, ich weiß und ich finde auch, dass wir dich mit allen erdenklichen Mitteln aufhalten sollten. Deshalb habe ich Stahl auch gefragt, ob ich zur Sicherheit seine Pistole haben darf.“
„Du hast was?“
„Nur mit der Ruhe. Er hat Nein gesagt. Also na ja, er hat nicht geredet, aber er hat mir auf anderem Weg zu verstehen gegeben, was passieren würde, wenn ich mich ihr nähern würde. Er nennt sie übrigens Silvia“.
„Und, wie hat er dir das gesagt?“
„Gar nicht, es ist auf den Lauf graviert. Jetzt muss ich aber los, sonst komme ich zu spät.“
„Zu spät, wofür? Du hast doch nicht etwa dem Date mit Frodoline zugestimmt?“
„Nein, wohin denkst du. Ich habe …“
Albus zögerte kurz.
„…einen Nebenjob.“
Das war die letzte Antwort, die Snape erwartet hatte.
„Wofür brauchst du denn so was? Unser Vater ist reich und er uns versprochen, dass wir niemals Arbeiten gehen müssten.“
„Ja es ist auch mehr, na ja eine Art Zeitvertreib. Nenne es einen Club. Ich …ich spiele Schach. Ich will Meister werden, so wie Vater einst im Quidditch.“
„So etwas nennst du einen Job?“
„Nur für den tollen Kapiteltitel.“
Manchmal verstand Snape kein Wort von dem, was sein Bruder von sich gab und das war eine dieser Situationen.
„Dann geh halt zu deinem blöden Club oder Job oder was-auch-immer. Ich überdenke, solange noch mal meinen Standpunkt zum Thema ‚Schrecklichster Magier aller Zeiten werden‘.“
„Dunkelster-“
„Was?“
„Es war ‚dunkelster Magier aller Zeiten‘.“
„Ach verschwinde!“
Snape ging zurück ins Bett und Albus streifte seinen karierten Schachmantel über und machte sich auf den Weg zu einer neuen Herausforderung.
KAPITEL 9: Eine Nacht im Körper des Schulleiters
In dieser Nacht hatte Snape einen sehr ungewöhnlichen Traum. Er befand sich im Büro von Viktor Krum, aber der Schulleiter war nirgendwo zu sehen. In einer Ecke des Raums stand ein silbernes Becken, in dem kleine Fäden umher schwammen. Er hob seine Hand, in der er einen Zauberstab hielt. Aber es war nicht Snapes Hand. Sie war älter und rauer. Die Hand eines Mannes, der für viele Jahre Quidditch gespielt hatte. Ein wenig wie die seines Vaters, aber osteuropäischer. War er selbst etwa im Körper des Schulleiters? Ähnliche Träume hatte er zwar schon öfter gehabt, aber … die sahen etwas anders aus.
Mit dem Zauberstab zog er einen der Fäden aus dem Becken und führte ihn an seine Stirn. Sofort wurde er in eine neue Umgebung geworfen. Er sah die Auswahlzeremonie, er sah sich selbst mit dem Zauberhut auf dem Kopf. Warum hatte der Hut ihn eigentlich ausgewählt? Er war ja schließlich kein Zauberer. Oder zumindest hatte er das bis vor Kurzem noch gedacht. Lag es einfach nur daran, dass er weiß und halbwegs normal gebaut war? Oder war es seine Blutlinie? Klar, er hatte die Gene des berühmten Harry Potter, aber in ihm steckten auch die irischen Weasley-Gene, die er nur zu gerne verleugnen würde. Der Hut musste gewusst haben, dass in ihm mehr steckte als nur ein wertloser Squib.
Kurz darauf stand Snape wieder als Viktor Krum im Büro und spürte dessen Ekel angesichts einiger der unaufgeforderten Erinnerungen, durch die er sich Wühlen musste. Doch was er und Krum als Nächstes sahen, ließ seine größten Ängste wahr werden.
Durch die Augen von Viktor Krum sah er die Erinnerung von Professor Wahrsagowitch an etwas, das sie selbst zu dem Zeitpunkt nur in ihrem Magic-8-Ball gesehen hatte, später aber tatsächlich in ihrem Magic-8-Ball sehen würde, bevor sie sich anzündete und aus dem Fenster sprang – es war so verwirrend.
In der Erinnerung, nein der Vorhersage, also dem Traum an eine Erinnerung, an eine Vorhersage von einer Vorhersage, sah Snape sich selbst etwa 5 Jahre in der Zukunft. Er trug einen schwarzen Mantel, hielt einen Stab aus Elfenbein in der Hand und sprach mächtige Flüche, die den Himmel verdunkelten und Menschen in Todesschreie versetzten. Er war … mächtig. Unglaublich mächtig und tödlich.
Snape erwachte aus einem Traum. Er entschied, dass ihm gefiel, was er gesehen hatte. Und er hatte sein Bett genässt.
KAPITEL 10: Der dunkle Wlad
Stahl und Frodoline warfen sich gegenseitig Blicke zu und sahen dann zu den beiden Potter-Brüdern, die halb tot über ihrem Haferschleim hingen. Beide hatten tiefe Ringe unter den Augen. Albus, weil er die ganze Nacht Schach gespielt hatte und Snape, weil er nach seinem tief erregenden Traum nicht mehr einschlafen konnte. Trotzdem hatten die beiden noch genug Energie, um zu streiten.
„Snape, ich habe doch gesagt, ich werde dir helfen, den Fluch zu brechen.“
„Aber was, wenn ich das jetzt gar nicht mehr will?“
„Gestern Abend hast du über nichts anderes geredet.“
„Ja, das war dumm. Du hattest recht, ich will ein Magier werden. So wie du und wie Vater.“
„Aber die Gefahr ist zu groß. Du könntest unglaubliches Leid über die Welt bringen. So wie -“
„Sag es nicht!“
„Ich wollte Hitler sagen.“
„Oh okay.“
„Wie auch immer. Morgen ist Sonntag, da haben wir Zeit, in den dunklen Wald zu gehen und den Tränkemacher zu finden.“
Snape wollte widersprechen, aber er wusste, wie nervig überzeugend sein Bruder sein konnte, wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte.
„Guuut, werde ich halt kein dunkler Magier.“
Und so machten sie sich gleich am nächsten Morgen auf in die dunklen Wälder. Stahl, Frodoline und Fieps begleiteten sie, weil sie einfach nichts Besseres zu tun hatten.
Zu ihrer Überraschung mussten sie nicht lange nach dem Tränkemacher suchen. Der Weg zu seiner Hütte war schon vom Waldeingang aus ausgeschildert.
Albus klopfte an die Tür. Die Antwort kam von einer so tiefen Stimme, dass er vor Schreck zusammen fuhr.
„WER IST DA?“
„Wir sind Schüler des Durmstrang Erziehungslagers. Wir brauchen ihre Hilfe.“
Es kam keine Antwort.
„Können wir eintreten?“
Stahl trat die Tür ein.
Sogleich erblickten sie die Gestalt eines kräftigen Halbriesen mit langem Schnurrbart und Augenbrauen, die ihm bis zu den Ohren reichten.
„ICH BIN WLAD DER TRÄNKEMACHER. Für die Tür müsst ihr bezahlen!“
KAPITEL 11: Tee, Tee, Tee
„Ihr braucht also meine Hilfe, um den Fluch von diesem Jungen zu heben?“
Der Tränkemacher sah nun gar nicht mehr so gefährlich aus. Sein Gesicht sah sanft aus und wie er da so an seinem Teetischchen saß, umgeben von Puppen und Plüschtieren, erinnerte er mehr an einen großen Teddybär.
„Nehmt erst mal Platz. Was für Tee möchtet ihr?“
„Haben Sie Kamille?“
„Nee“
„Ingwertee“
„Auch nicht.“
„Vielleicht ein Rooibos?“
„Was soll denn das sein?“
„Dann nehmen wir einfach das, was sie da haben.“
„Einmal Wlads Selbstgebrauter. Kommt sofort.“
Frodoline lehnte sich zu Albus, um ihm ins Ohr zu flüstern. Er unterbrach sie.
„Nicht schon wieder, letztes Mal hatte ich deine Zunge im Ohr.“
„Ach sei nicht so. Ich frage mich nur, ob wir wirklich etwas von dem Typen trinken sollten. Er ist schließlich ein bekannter Tränkemischer.“
Wlad drehte sich zu ihr.
„Hey, ich mag zwar alt sein, aber ich bin sicher nicht taub. Ich weiß genau, was du gesagt hast. Du hast gesagt: Ich schlage mich pur. Ob wir wirklich nach Polypen stinken wollten. Er ist schießsicher, ein Getränkefischer.
Das ergibt ja gar keinen Sinn.“
Dann ging er wieder in seine Teeküche.
„Wird schon nichts drin sein.“, sagte Albus, sah aber selbst etwas besorgt aus.
Wieder rief er aus seiner Küche.
„Das habe ich auch gehört! Winke vom Schornstein. Ihr könnt mir nichts vormachen.“
Grinsend stellte er dampfende Tassen vor ihnen ab. Snape nahm einen Schluck aus seiner und sagte dann:
„Meine Brüder hier haben Angst, dass Sie sie vergiften könnten. Ich dagegen bin ganz unbesorgt. Bin schließlich selbst gar kein schlechter Tränkemacher. Ich erkenne einen Gifttrank von weit-“
Bevor er den Satz beenden konnte, schlug sein Kopf auf den Tisch auf.
KAPITEL 12: Der König fällt
Sofort sprang Albus auf und richtete seinen Zauberstab auf den Riesen.
Stahl zog seine Silvia und entsicherte sie.
Fieps fiepste und Frodoline rief:
„Was haben Sie ihm angetan?“
Der Riese lachte unbesorgt.
„Kommt mal runter Kinder. Ihr wolltet doch, dass ich seinen Fluch von ihm nehme. Das hier ist der erste Schritt.“
Albus senkte seinen Zauberstab noch nicht.
„Aber er ist bewusstlos. Wird er auch wieder aufwachen?“
„Klar, das ist dann der zweite Schritt. Aber das ist nicht ganz kostenlos.“
„Sie wollen Geld?“
„Du weißt genau, was ich will.“
Frodoline und Fieps quiekten und schlugen sich die Hände und Pfoten vor die Münder.
Albus nickte zustimmend und begann seinen Mantel abzustreifen.
Frodoline hielt sich die Hand nun vor die Augen.
Unter seinem üblichen Schulmantel trug Albus sein kariertes Schachoutfit. Wlad nickte zustimmend.
„Richtig, du musst mich in einem zuerst in einem Schachspiel besiegen. Du bist wohl ein Hellseher.“
„Ich arbeite dran“, sagte Albus mit einem halben Grinsen.
Mit einer einzigen Bewegung wischte der Riese alle Tassen vom Tisch, unter Protest von Frodoline, die trotz allem noch aus ihrer Tasse trinken wollte. Dann holte er ein magisches Schachbrett aus seinem Schrank. Daneben platzierte er zwei magische Sanduhren.
„Wir haben nicht viel Zeit. Dein Bruder muss den zweiten Trank innerhalb von 20 Minuten einnehmen oder er ist für immer verloren.“
„Er wird sterben?“, fragte Frodoline panisch.
„Nein aber bleibt dann für immer ein Squib.“
Dann zeigte Wlad auf den Rest der Gruppe.
„Ihr drei, geht im Wald Pilze sammeln. Die braunen mit den kleinen schwarzen Punkten. Macht schnell und seid zurück, bevor unser Schachspiel endet!“
So taten sie es und Albus machte sich bereit für das Spiel seines Lebens. Zu seinem Glück hatte Wlad überhaupt keine Ahnung von Schach und verlor innerhalb weniger Runden. Sein König fiel gerade rechtzeitig, als die anderen mit den Pilzen durch die sowieso schon offene Tür kamen.
Frodoline war ganz außer Puste und präsentierte einen riesigen Stapel verschieden farbiger Pilze. Ein paar Äpfel waren auch dabei.
„Ich wusste nicht genau, was Sie brauchen, also habe ich einfach alles mitgebracht. Braune Pilze waren allerdings nicht dabei.“
Der Riese lachte.
„Oh keine Sorge, die Zutaten habe ich schon hier. Ich wollte nur, dass wir das Spiel in Ruhe spielen können.“
Er ging zurück in seine Teeküche und kam drei Minuten später mit einem weiteren dampfenden Becher zurück.
„Hier gebt ihr das!“
Albus hielt den Becher an die Lippen seines Bruders und bereits als dieser den Dampf einatmete, begannen seine Mundwinkel zu zucken. Albus wollte auf Nummer Sicher gehen und schüttete ihm den ganzen Becher mit einmal in den Rachen. Sofort riss Snape die Augen auf.
„Scheife ist das heif!“
Offensichtlich hatte er sich die Zunge verbrannt.
Wieder lachte der Riese.
„Wir hatten noch 12 Minuten Zeit, ihr hättet es ruhig etwas abkühlen lassen können.“
„Waf ift paffiert?“
Die anderen erklärten es ihm. Na ja alle außer Stahl und Fieps, die konnten ja nicht sprechen.
„Alfo ift der Fluch nun gelüftet?“
„Jawoll!“, antwortete der Riese freudig. „Die Blockade ist gelöst. Du hast nun vollen Zugriff auf deine Zauberkräfte.“
Albus wirkte nachdenklich.
„Und er wird nun kein dunkler Magier mehr?“
Der Riese zeigte sich sichtlich verwirrt.
„Also er wird jetzt endlich ein Magier. Keine Ahnung, was der Rest mit mir zu tun hat.“
Albus konnte den Schock genauso wenig verbergen wie Snape das kleine Grinsen auf seinen Lippen.
„Heift daf etwa. Fie haben mir gerade dabei geholfen ein dunkler Magier fu werden?“
„Junge, ich verstehe nicht alles, was du da sagst, aber ich bin mir ziemlich sicher du hast mich gerade gefragt, ob ich mit dir golfen gehen möchte.“
Albus, der das Gespräch nur noch halb verfolgt hatte, wurde zunehmend klar, was er angerichtet hatte. Er hatte das getan, was Professor Wahrsagowitch prophezeit hatte. Er hatte den Fluch von Snape genommen, der ihn am Zaubern gehindert hatte … und ihm damit den Weg zu seinem dunklen Schicksal geebnet.
Fortsetzung folgt.