Harry Potter und das Verwunschene Kind – Part 4

KAPITEL 16: Valentinstag

Dass die Zeit hier in Durmstrang etwas anders lief, war Albus bereits bei ihrer Ankunft vor einem halben Jahr aufgefallen. An sich funktionierten die Uhren wie an jedem anderen Ort, aber in jedem dritten Monat kam der 12. vor dem 11. Damit wollte der russische Zaubererkreml den unglücklichen Umstand kompensieren, dass Russland in gleich elf verschiedenen Zeitzonen lag. Das machte Zeitreise, aber auch besonders leicht. Man flog einfach mit sehr hoher Geschwindigkeit in eine weiter zurückliegende Zeitzone. Gerade jetzt in diesem Moment tat das aber nichts zur Sache. Viel wichtiger war, dass in diesem Monat der 11. ganz normal vor dem 12. kam und dass heute der 14. war. Der 14. Februar. Valentinstag!

Albus war überrascht, dass in Durmstrang überhaupt Valentinstag gefeiert wurde, bis er herausfand, dass der Tag einem magischen Nationalhelden namens Valentin Stagovich gewidmet war. Der hatte mit mehr Frauen geschlafen als jeder andere magische Mann im ganzen Ostblock: Mit zweien! Zu Ehren dieses stolzen Mannes machten die Schülerinnen den Schülern Geschenke und wer auf die Idee kam, gleichgeschlechtliche Mitschüler zu beschenken, bekam Nachsitzen und wurde anschließend geköpft.

Wie zu erwarten, befand sich am Morgen des 14. auf Albus Sitzplatz in der Großen Halle ein Paket mit einem Brief darauf. Er hatte fest damit gerechnet, dass Frodoline ihm etwas schenken würde und war bereit gewesen, es dankend abzulehnen. Aber dieses Paket – es war komplett weiß – kam von einem anderen, ihm unbekannten Absender. Seine Freunde waren gerade eingetroffen und blickten jetzt alle neugierig auf das Paket. Am Nachbartisch öffnete ein anderer Schüler sein Päckchen. Es war eine Bombe. Natürlich. Schon die dritte an diesem Morgen. Mehr von der Neugier seiner Freunde als von der lauten Panik irritiert, nahm Albus das weiße Paket und den Brief und zog sich in den Gemeinschaftsraum zurück.

Da alle anderen noch beim Essen waren oder an der freiwilligen Evakuierung aufgrund der vielen Bomben teilgenommen hatten, konnte es sich Albus ganz ungestört auf einem der gemütlicheren Aluminiumstühle neben einer kleinen tropfenden Heizung bequem machen.

Er überlegte noch einmal kurz, dann öffnete er den Brief. Doch alles, was er in dem Umschlag fand, war ein leeres Blatt Papier. Wow, was für eine Enttäuschung.

KAPITEL 17: Klassenausflug

Nachdem alle Evakuierungsbemühungen abgeschlossen waren, kehrten die noch lebenden Schüler in ihre Nachmittagsklassen zurück. Zu Albus Entzücken wurden im heutigen Verwandlungsunterricht keine langweiligen Bücher gebüffelt. Klar, als geborener Streber war Albus prädestiniert dafür, sich in ein besonders anstrengendes Buch zu vertiefen und es sogar in der Pause weiter zu lesen. Früher hatte er sein Schulbuch immer in einem Schmuddelheft oder „Twilight“-Roman verstecken müssen, damit er von den größeren Schülern nicht verprügelt wurde. Es half leider nicht.

Aber in Durmstrang war das anders. Erstens verstand er die Sprache nicht und zweitens verstand er trotz mangelnder Sprachkenntnisse, dass diese Bücher heftig zensiert waren – meist mit einem dicken schwarzen Filzstift und nicht sonderlich subtil.

Jedenfalls stand heute statt Lesen und Verwandeln ganz überraschend ein Klassenausflug an. Aber wo konnte es hingehen? Sie waren inmitten einer Eiswüste. Sein Bruder, Stahl, Fieps und Frodoline waren auch gerade eingetroffen und teilten nun seine Neugier. Frodoline hatte als erste eine Idee.

„Vielleicht besuchen wir ja Tschernobyl? Einige sagen, dass all die russische Zauberkraft ursprünglich von diesem Ort stammt. Selbst die ostdeutschen Zauberschüler sollen einen Hauch dieser fantastischen Zauberkraft abbekommen haben.“

Snape nickte.

„Deswegen sind die japanischen Zauberer auch so mächtig.“

Alle sahen ihn aus Prinzip kurz wütend an, aber eigentlich war es ihnen egal.

Jetzt sprach der Verwandlungslehrer Monsieur Croissant.

„Isch hoffe Sie sind alle bereit, denn heute geht es in meine Heimatstadt. Es ist schließlich der Tag der Liebe und daher geht es auch in die Stadt der Liebe.“

Frodoline kreischte aufgeregt. „Mönchengladbach?“

Beinahe synchron schlugen sich alle die Hand vors Gesicht. Dann sprach wieder der Monsieur.

„Paris natürlisch. Die wunderbarste Stadt der Welt.“

„Na ja, auch gut.“, sagte Frodoline.

Albus wurde stutzig.

„Aber wie kommen wir dahin? Mit den Besen? Oder gibt es hier etwa ein Flohnetzwerk bis nach Frankreich?“

Der Monsieur grinste.

„Nah dran, mein petite enfant. Wir benutzen das Gasnetzwerk.“

So geschah es. Sie versammelten sich im Boilerraum und einer nach dem anderen stieg in den großen Gasofen. Den Freunden war mulmig zumute. Doch Albus sah in der kleinen Tagesreise eine große Chance. Er wollte sie alle, aber besonders Snape, so weit wie möglich von dieser verfluchten Schule wegführen. Raus aus Durmstrang, zurück zu ihrem Vater. Der wüsste, wie man Snapes Fluch aufhalten konnte, bevor es zu spät war. Trotzdem war etwas verdächtig an der ganzen Sache. Würde ihnen die Schule wirklich einfach so einen Ausflug in die westlichen Länder erlauben? Na ja, immerhin hatten sie auch Monsieur Croissant eingestellt und für das „Trimagische Turnier“ ließen sie ihre Kandidaten ebenfalls in andere Länder reisen. So schlimm konnte es also nicht sein. Oh, wie falsch er lag.

Dreißig Minuten später saßen sie in einer Pariser U-Bahn an ein noch unbekanntes Ziel.

„Pardon mes enfants. Scheinbar kommt man mit Gas doch nicht mehr überall hin. Vor einiger Zeit war das noch anders. Aber keine Sorge, es dauert nischt mehr lange.“

Das Reisen in der U-Bahn war so viel luxuriöser als ihre Fahrt im Durmstrang-Express im letzten Jahr. Frodoline hatte allerdings vergeblich auf den Speisewagen gewartet und Stahl suchte verzweifelt nach einer Toilette. Wie sich herausstellte, konnte das ganze Gefährt eine Toilette sein, wenn man nur wollte.

„Gleisch da“, sagte Monsieur Croissant verzückt.

Ihr erstes Ziel war ein „Five Guys“ mitten in der Pariser Innenstadt.

„Ich weiß Sie alle sind den Fraß in der Durmstrang-Kantine mehr als satt. Aber was Sie hier vor sich sehen, ist eine echte französische Tradition: French Fries.“

Albus konnte den Impuls zu Klugscheißen nicht unterdrücken.

„Monsieur Croissant, die kommen doch gar nicht aus -“

Aber keiner hörte zu und alle stürzten sich auf das ungesunde Essen.

Also gut, dachte Albus, für seinen Plan würde er sowieso viel Energie brauchen. Er hoffte in Paris entweder einen Zugang zum Flohnetzwerk zu finden oder zumindest einen Besen, den er nach London reiten konnte. Die erste Methode wäre ihm allerdings deutlich lieber. Die Temperaturen waren nicht gerade zum Fliegen geeignet. Andererseits waren die rund 1 Grad Celsius nichts im Vergleich zu den Minusgraden in ihren Schlafsälen.

Als alle gut genährt um den viel zu niedrigen Tisch saßen, sprang Monsieur Croissant auf.

„Nun zu ihrer ersten Lektion. Wir sind ja schließlich zum Lernen hier und das hier ist immer noch Verwandlungsunterricht.“

Er zeigte auf die leeren Plastikbecher, die vor jedem Schüler auf dem Tisch standen.

„Verwandeln Sie diese Becher in Ratten.“

Albus war sichtlich überrascht.

„Eine Ratte? Monsieur Croissant, ich glaube Franzosen und Ratten verstehen sich nicht so gut.“

„Und deswegen mein lieber petit Klugscheißer ist es so gut für Angriff und Verteidigung, non?“

„Ich schätze schon …“

Sie übten an ihren Bechern, doch nur Albus selbst war einigermaßen erfolgreich. Seiner hatte sich tatsächlich in eine Ratte verwandelt, der Schwanz sah allerdings aus wie ein abgeknickter Strohhalm. Schnell machte er das Experiment rückgängig.

Fünf Minuten später bekam die ganze Gruppe Hausverbot.

Monsieur Croissant wirkte weiterhin entzückt. Er wollte gerade das nächste Ziel ankündigen, als er von hinten angetippt wurde. Der Monsieur wurde kreidebleich. Es war nur eine alte Passantin, die die Uhrzeit wissen wollte. Der Monsieur nuschelte irgendetwas, die Frau blickte verwirrt drein, schüttelte den Kopf und ging weiter.

„Also gut, jetzt gehen wir endlisch an den Ort, auf den sie alle gewartet haben.“

Besagter Ort war ein Baguette-Festival in der Nähe von Notre-Dame. Kleine Zelte waren am Vorplatz der großen Kirche aufgestellt und Menschen standen in langen Schlangen, um eins der traditionsreichen Brote zu ergattern.

„Nun denn stellen Sie sich an und holen sie sich ihr ganz eigenes Baguette.“

„Echt jetzt?“, stöhnte Frodoline. „Das dauert ja Stunden.“

„Es lohnt sich meine Liebe“.

Als endlich alle ihre Baguette hatten und die Sonne zunehmend den Himmel rot färbte, bat der Monsieur alle Schüler, sich im Kreis aufzustellen.

„Das hier -“ er zeigte auf das Baguette in seiner Hand. „sind Zauberstäbe. Oder zumindest können sie das sein.“

Er schwang sein Baguette und verwandelte einen Passanten in eine Taube, bevor er fortfuhr. Die Schüler konnten ihr Erstaunen nicht verbergen.

„Richtig angewendet ist dieses Baguette stärker als jeder Stab. Noch besser, es lässt sich auch in einen Besen verwandelt.“

Er führte es kurz vor. Zwei Passanten bekamen es mit und wollten schreien, doch er verwandelte auch sie in Tauben.

Endlich sah Albus seine Chance. Wenn er diesen Zauber beherrschte, konnte er auf dem Besen von hier fliehen. Der Lehrer unterbrach seinen Gedanken.

„Also gut auf zu unserem letzten Ziel: La tour Eiffel.“

Darauf hatte Albus gewartet. Wenn sie auf den Eiffelturm steigen würden, konnten sie von dort ihre Besen starten, ohne dass die Muggel es mitbekamen. Er musste dann nur noch den Monsieur ablenken. Obwohl es allmählich dunkel wurde, war der Monsieur überzeugt, dass es das beste sei, zu Fuß zum Eiffelturm zu gehen. Für das volle Erlebnis. Das gab Albus genug Zeit, um seinen Freunden den Plan zu erklären. Snape schwieg die ganze Zeit über, doch Frodoline schien hoch erfreut darüber, nach England zu flüchten. Merkwürdig war sie nicht aus Russland? Das hatte sich Albus noch gar nicht so recht gefragt. Für den restlichen Fußmarsch übte Albus Zaubersprüche mit seinem Baguette und blieb weit genug hinter der Gruppe, dass der Monsieur nichts mitbekam.

Endlich standen sie vor dem großen Bauwerk. Ein wahrhaft beeindruckendes Beispiel dessen, wozu Muggel im Stande waren.

„Diesen Turm haben Magier errichtet“, sagte der Monsieur, als habe er Albus Gedanken gelesen. Vor vielen Jahrhunderten war dies der größte Magierturm, den die Welt je gesehen hatte.“

Wieder wollte Albus protestieren, ließ es dieses Mal aber sein.

„Tausende Zauberer haben in seinen Stockwerken gelebt. Deswegen besitzt der Turm auch eine einzigartige magische Kraft, die ihre Fähigkeiten nur noch verstärken wird.“

Demonstrativ schwang er sein Baguette.

„Das Baguette in Kombination mit dem magischen Turm bringt noch größere Macht zustande als dieser angebliche Elderstab.“

Beim letzten Wort spukte er demonstrativ auf den Boden.

„Es ist ein wohl gehütetes Geheimnis, aber selbst der düstere Tom Elvis Riddle hat damals sein Baguette an diesem Ort aufgeladen, bevor er die Potters aufsuchte und ihnen den Garaus machte.“

„Ähm ja, das ist Blödsinn“, warf Albus halblaut ein.

Der Professor fuhr fort.

„Und nun kommen wir zu ihrem Abschlussprojekt für dieses Jahr. Wer es schafft, mich mit dem mächtigen Baguette in eine Ratte zu verwandeln, erhält 10000 Rubel-Hauspunkte für die Schule.“

Keiner schien begeistert.

„…und noch mehr French Fries.“

All zückten ihre Baguettes und schossen wie wild Flüche und Formeln umher. Einige Schüler fielen um und bewegten sich nicht mehr.

Albus und seine Freunde sahen das Spektakel ungläubig mit an. Sie hatten es noch nicht einmal auf den Turm geschafft. Er musste etwas unternehmen.

„Professor- ich meine Monsieur, ich glaube, ich kann es schaffen. Aber dafür muss ich weiter nach oben. U-um, mehr Energie aus dem magischen Turm zu ziehen.“

Er kam sich so dumm dabei vor, diese Worte ernsthaft auszusprechen.

Der Monsieur war wieder entzückt.

„Tres bien. Gehen wir.“

Die Schüler dich sich noch bewegen konnten, folgten der Gruppe auf den Turm. Es war ein schwieriger Anstieg, ein paar fielen aus Höhenangst zurück, einige kotzten nur und gingen dann weiter. Oben angekommen, zückte Albus sein Baguette. Das lief viel besser als erwartet. Erst würde er den Professor in eine Ratte verwandeln, dann mit dem Baguette-Besen von hier fliehen.

Der Monsieur richtete noch eine Bitte an seinen Musterschüler.

„Herr Potter, nachdem sie mich verwandelt haben, stecken sich mich bitte in ihre Tasche oder Kapuze, damit ich wieder sicher auf den Boden gelange.

„Wollen Sie denn nicht direkt zurückverwandelt werden?“

Der Professor zögerte.

„Nein, nein, das geht am Boden viel besser. Glauben Sie mir.“

Es sah aus, als würde er schwitzen, aber gleichzeitig machte sich ein Grinsen auf seinem Gesicht breit. Albus drehte sich zu seinen Freunden und sie nickten. Also gut.

Albus richtete sein Baguette auf den Monsieur, sprach die Formel und Monsieur Croissant verwandelte sich tatsächlich in eine kleine, graue Ratte. Piepsend lachte er.

„Sehr gut, Herr Potter. Ausgezeichnet. Nun bringen Sie mich wieder nach unten.“

Albus hob die Ratte auf und steckte sie einem anderen Schüler in die Tasche.

„Sorry, Monsieur, wir müssen noch etwas erledigen.“

Daraufhin verwandelte er die Baguettes seiner Freunde in Besen. Gerade wollte er das gleiche tun, als er ein Geräusch von weiter oben hörte. Über ihnen schwebten zehn Dementoren mit Kosakenmützen und Uniformen bereit anzugreifen. Jetzt schrie Snape auf.

„Monsieur, was ist hier los?“

Schon attackierte ein Dementor den Schüler, der den Monsieur in seiner Tasche hielt. Während der Schüler langsam ausgeschlürft wurde, hüpfte die Ratte auf Stahls Schulter, wo bereits Fieps saß. Fieps sah Monsieur Croissratte böse an.

„Sergej Patience!“, rief eine Stimme von weiter oben.

Die Potter-Brüder sahen sich überrascht um. Dann sahen sie ihn. An der Spitze des Eiffelturms stand der Schulleiter Viktor Krum in einem dicken schwarzen Mantel. Seine Haarstoppeln wehten beeindruckend im Wind. Er machte einen Schritt nach vorne und sein Körper glitt geschmeidig nach unten, bis er nur wenige Meter vom Chaos entfernt war. Die Dementoren zogen sich zurück, kreisten jetzt wie hungrige Aasgeier um den Turm. Erneut sprach der Schulleiter mit kalter und entschlossener Stimme.

„Wo ist euer Lehrer?“

Albus antwortete zuerst.

„Meinen Sie Monsieur Croissant? Der ist doch hier“ und er zeigte auf die Ratte.

Krum landete auf der Plattform und machte einen entschlossenen Schritt auf Stahl zu und griff nach der Ratte. Allerdings hatte er Fieps in der Hand.

Der verwandelte Monsieur Croissant nutzte die Chance und sprang von Stahls Schulter auf das Geländer. Eine Taube kam vorbei und er sprang ohne zu zögern auf ihren Rücken. Krum zückte seinen Zauberstab – einen echten, kein Baguette – und feuerte ein paar Stupor-Flüche hinter ihm her, doch Ratte und Reittier waren bereits zu weit entfernt. Viktor deutete den Dementoren, dem Flüchtigen zu folgen.

Albus nahm seinen Mut zusammen und stellte sich mit ausgestreckten Armen vor den Schulleiter.

„Professor, was ist hier los? Warum attackieren Sie Monsieur Croissant?“

„Nichtsnutz, geh aus dem Weg. Es gibt keinen Monsieur Croissant. Das ist der flüchtige Sergej Patience – ähm ich glaube bei Ihnen heißt es Russischbrot – ist ein Gefangener in meiner Erziehungsanstalt. War ein Gefangener, sollte ich sagen. Dafür müssen Sie-“ er zeigte auf die Gruppe „-sie alle sich verantworten!“

„Ich verstehe gar nichts mehr“, sagte Albus.

„Und das passiert selten.“, fügte Frodoline hinzu.

Stahl schwieg und Fieps sprang wieder auf seine Schulter.

Albus ließ nicht locker.

„Also war das hier kein echter Klassenausflug? Die ganze Sache kam mir schon merkwürdig vor. Aber warum Paris?“

„Wir haben in seiner Kammer eine „Ratatouille“-Videokassette gefunden. Wir wissen nicht, wie er sie in die Schule geschmuggelt hat. Aber wir gehen davon aus, dass er damit seine Flucht geplant hat.“

Albus riss die Augen auf.

„Jetzt ergibt das alles einen Sinn.“

Frodoline sah ihn zweifelnd an. „Tut es das?“

Krum hatte genug. Er hob den Zauberstab an und richtete ihn auf Albus Brust.

„Es reicht. Genug palavert, Sie werden sich vor der Schule und dem russischen Zaubererkreml verantworten müssen.“

Albus sah nervös auf den Besen in seiner Hand. Jetzt, wo er das Baguette in einen Besen verwandelt hatte, konnte er es nicht mehr als Stab verwenden. Aber das war sowieso sinnlos. Wenn er nur den Arm bewegte, würde der viel erfahrenere Schulleiter einen Fluch auf ihn schleudern. Womöglich würde er sogar über das Geländer des Eiffelturms katapultiert und in die Tiefe stürzen. Der Schulleiter blickte ihn ernst an.

„Sie werden sich keinen Zentimeter bewegen. Die Dementoren kehren jeden Moment zurück und werden sie dann zurück in die Schule eskortieren.“

Frodoline begann zu weinen.

„Professor, wir wussten doch nichts von den Plänen des Monsieurs. Oder dass er gar kein Monsieur ist. Nur ein langweiliger alter Kriegsgefangener…oder so ähnlich. Ich habe nicht richtig zugehört, um ehrlich zu sein. Darf ich vielleicht noch ein Foto machen, während wir hier sind?“

„Was ist ein Foto?“

„Ach egal. Ich esse jetzt meinen Besen. Wussten sie, dass das bei uns eine Redewendung ist?“

Die Tränen waren inzwischen verschwunden und Frodoline schwafelte zum Leidwesen des Schulleiters weiter. Er schien ein wenig abgelenkt. Die aufkommenden Kopfschmerzen, wenn Frodoline zu viel redete, kannte Albus nur zu gut … Ihm fiel ein, dass er ja noch seinen ganz normalen Zauberstab in der Innenseite seiner Jacke trug. Konnte er danach greifen, bevor Krum etwas merkte? Langsam und unauffällig hob er seine Hand.

Krum merkte es sofort und drückte seinen Zauberstab tiefer in Albus Brust. Er öffnete den Mund, um einen fatalen Fluch auszusprechen.

„Avada Kedavra!“

Die Welt wurde schwarz.

KAPITEL 18: Tödliche Fluch(t)

Ein schweres Gewicht lastete auf Albus Körper. So musste es sich anfühlen, gerade gestorben zu sein. Vor seinem inneren Auge erschien Monsieur Croissratte. Er saß auf der Schulter eines weiß gekleideten Cuisiniers. Fiepsend flüsterte er in die Ohren des jungen Lehrlings und erklärte ihm das Rezept für ein reizendes Gericht namens „Borschtsch“. Kurz darauf wurden sie vom Chefkoch aus der Küche geworfen. Nun saßen beide auf der Straße, das gelungene, aber für französische Geschmäcker nicht geeignete Gericht in der Hand. Immerhin hatten sie sich und sie hatten Essen. Es hätte schlimmer sein können. Neben einer brennenden Mülltonne schliefen sie ein, der Monsieur Croissratte geschützt in der Kochmütze seines Schützlings. Seine kleinen Rattenaugen fielen zu und wie jede Nacht träumte er von der Zeit, als er selbst einer der besten Köche im Ostblock war. Jeden Tag bereitete er Hering, Soljanka und Pelmeni zu und servierte sie aus einer 5-Sterne-Gulaschkanone.

Als er gerade einen hochrangigen General bediente, erwischte ihn dieser mit einem seiner Körperteile in der Gulaschkanone. Die Ausreden, dass das die Geheimzutat und das Erfolgsrezept seiner Küche sei, akzeptierte der General nicht und verurteilte den perversen Koch auf eine Lebzeit im Durmstrang Erziehungslager, wo er für den Rest aller Zeiten für undankbare Schüler kochen würde.

An diesem Abend übergab sich der General mindestens viermal. Als er endlich einschlief, träumte er von seiner Zeit junger Squib inmitten von Geschwistern, die alle mit Magie begabt waren. Sie lachten, machten ihre kleinen Zaubertricks, hänselten ihn. Als er ihnen bewies, dass eine Kalaschnikow stärker ist als jeder Zaubertrick, lachten sie nicht mehr. Besonders „beeindruckt“ waren sie von seinen „magischen“ Messertricks. Seinen Eltern gefiel nicht, was er mit den Gesichtern seiner Geschwister getan hatte und noch in der gleichen Woche schickten sie ihn in die nächste Kaserne – ohne Aussicht auf Rückkehr.

Die Nacht, als der große Truck in Tarnfarben ihn abholte, war die erste, in der seine Mutter wieder ruhig schlafen konnte. Sie träumte von einem Schwein, das versuchte, 100 Rubel aus einem Geldautomaten abzuheben, aber seinen Pin vergessen hatte.

Albus öffnete die Augen und schob den schweren Körper des Schulleiters von seinem runter. Hinter ihm stand Snape mit ausgestrecktem Zauberstab. Es dauerte nicht lange, bis Albus dämmerte, was gerade passiert war.

„Hast du…?“

Snape grinste finster.

„Dich gerettet? Ja, lieber Bruder. Du kannst mir später danken.“

Frodoline war kreidebleich.

„Wir müssen abhauen, bevor die Dementoren zurückkommen.“

Stahl und Fieps nickten. Albus versuchte nicht daran zu denken, dass sein Bruder gerade den Schulleiter ermordet hatte. Frodoline hatte recht. Jetzt mussten sie erst einmal von hier verschwinden.

„Die Besen!“, rief er.

Snape schaute grimmig drein.

„Hat Frodoline alle gegessen.“

„Dann gehen wir eben zu Fuß!“

Erst jetzt wurde der kleinen Gruppe klar, dass immer noch sechs andere Schülerinnen und Schüler um sie herum standen. Sie hatten die ganze Situation mit aufgerissenen Augen angesehen.

„Zeugen.“, sagte Snape und hob seinen Zauberstab.

Albus drückte den Arm seines Bruders nach unten. „Nein, lass sie gehen!“. Und dann zu den anderen Schülern: „Los verschwindet!“

Die Sterne am Himmel verdunkelten sich. Die Dementoren waren fast wieder hier. Die namenlosen NPCs ergriffen die Flucht. Nur eine von ihnen blieb wie angewurzelt stehen. Die Schülerin, Albus glaubte ihr Name war Kalinka, starrte in den düsteren Himmel.

„Ich glaube, ich kann sie aufhalten. Alle kennen mich für meinen mächtigen Patronus-Zauber.“

Frodoline rollte die Augen.

„Sorry, wer bist du noch mal und warum sollte uns das interessieren?“

Albus hob die Augenbrauen. „Ich habe keine Ahnung, wer du bist. Ich kann nicht einmal sagen, ob du den ganzen Tag mit uns unterwegs warst. Ehrlich gesagt dachte ich, in dieser Geschichte gäbe es nur männliche Charaktere. Aber wenn dein Patronus wirklich so stark ist wie du sagst-“

„Blödsinn!“, warf Snape ein. „Unser Vater hat den mächtigsten Patronus der Welt. Du kannst uns nicht helfen und wäre mein Streber-Bruder nicht hier, hätte ich dich längst beseitigt.“

Kalinka, falls das ihr Name war, ignorierte die Provokationen.

„Mein Patronus ist nicht irgendein Tier. Es ist ein ganz besonderes. Das besonderste von allen.“

Die Dementoren kamen näher und sie hob ihr Baguette.

„Also gut“, sagte Albus „Wir vertrauen dir. Wir haben gar keine Wahl, um ehrlich zu sein.“

Er deutete allen, sich zur Flucht bereit zu machen. 364 Stufen trennten sie vom sicheren Boden, aber sie konnten es schaffen.

Kalinka nickte. „Los rennt!“

Dann sprach sie ihren mächtigen Zauber.

„Expecto Patronum“.

Funken sprühten aus der Spitze des Baguettes. Für einen Moment wurde die Nacht zum Tag, dann trat das mächtige astrale Tier aus der Spitze des Stabs heraus. Es war ein…Mensch. Vollkommen nackt, mit magerer Gestalt und einer Halbglatze. Die Krone der Schöpfung. Der nackte Patronus-Mann trat einen Schritt auf die Dementoren zu und stürzte dann über das Geländer in die Tiefe. Albus packte Kalinka am Arm und zog sie zu den rettenden Stufen. Für einen Moment waren die Dementoren so perplex, dass sie nicht reagierten. Dann machten sie Jagd auf die Gruppe. Snape rief seinen eigenen Patronus – wann hatte er das gelernt? Ein mächtiger Hirsch hielt die Dementoren in Schach. Endlich hatten sie die letzte Stufe erreicht und flohen über den weiten Vorplatz in eine dichtere Straße. Noch waren sie nicht sicher. Erst als sie einen U-Bahnhof erreicht hatten, gönnte sich die Gruppe eine Verschnaufpause.

Albus erlaubte sich noch nicht, über das Geschehene nachzudenken. Dafür würde er später Zeit haben. Jetzt galt es, so schnell wie möglich nach Hause zurückzukehren. Ihre Flucht hatte gerade erst begonnen.

In einem der angesehensten Restaurants der Stadt lernte ein frischgebackener Kochlehrling eine kleine putzige Ratte kennen. Dass die Ratte mit ihrer fiepsenden Stimme sprechen konnte, hinterfragte er nicht weiter. Zusammen würden sie die besten Gerichte der Welt kochen.

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