Dass die Zeit hier in Durmstrang etwas anders lief, war Albus bereits bei ihrer Ankunft vor einem halben Jahr aufgefallen. An sich liefen die Uhren wie an jedem anderen Ort auch, aber in jedem dritten Monat kam der 12. vor dem 11. Damit wollte der russische Zaubererkreml die Tatsache ausgleichen, dass Russland in gleich elf verschiedenen Zeitzonen lag. Das machte Zeitreise, aber auch besonders leicht. Man flog einfach mit sehr hoher Geschwindigkeit in eine der Zeitzonen, die weiter zurücklagen und machte Ungewolltes ungeschehen. Gerade jetzt in diesem Moment tat das aber nichts zur Sache. Viel wichtiger war, dass in diesem Monat der 11. ganz normal vor dem 12. kam und dass heute der 14. war. Der 14. Februar. Valentinstag!
Albus war überrascht, dass in Durmstrang überhaupt Valentinstag gefeiert wurde, bis er herausfand, dass der Tag einem magischen Nationalhelden namens Valentin Stagovich gewidmet war. Der hatte mit mehr Frauen geschlafen als jeder andere magische Mann im ganzen Ostblock: Mit zweien! Zur Ehre dieses stolzen Mannes machten die Schülerinnen den Schülern Geschenke und wer auf die Idee kam, gleichgeschlechtliche Mitschüler zu beschenken, bekam Nachsitzen und wurde anschließend geköpft.
Wie zu erwarten, befand sich am Morgen des 14. auf Albusses Sitzplatz in der Großen Halle ein Paket mit einem Brief darauf. Er hatte fest damit gerechnet, dass Frodoline ihm etwas schenken würde und war bereit gewesen, es dankend abzulehnen, aber dieses Paket – es war komplett weiß – kam von einem anderen, ihm unbekannten Absender. Seine Freunde waren gerade eingetroffen und blickten jetzt alle neugierig auf das Paket. Am Nachbartisch öffnete gerade ein anderer Schüler sein Päckchen. Es war eine Bombe. Natürlich. Schon die dritte an diesem Morgen. Mehr von der Neugier seiner Freunde als von der lauten Panik irritiert, nahm Albus das weiße Paket und den Brief und zog sich in den Gemeinschaftsraum zurück.
Da alle anderen noch beim Essen waren oder an der freiwilligen Evakuierung aufgrund der vielen Bomben teilgenommen hatten, konnte es sich Albus ganz ungestört auf einem der gemütlicheren Aluminiumstühle neben einer kleinen tropfenden Heizung bequem machen. Er überlegte noch einmal kurz, dann öffnete er den Brief und war erstaunt, dass dieser nicht nur nicht an ihn adressiert war, sondern auch auf einen Tag vor etwas mehr in einem Monat datiert. Stammte er etwa aus einer der vergangenen Zeitzonen? Viel wichtiger war die Frage, ob es seine hohe Moralvorstellung zuließ, einen Brief zu lesen, der nicht an ihn adressiert war. Doch seine Neugier übermannte ihn schließlich und er begann zu lesen.
Hallo David,
nun bist du endlich 30. Echt, wurde aber auch Zeit. Unter uns gesagt, wir waren echt nicht mehr bereit, uns mit unter 30-jährigen abzugeben. Ehrlich. Sum Glück werden es jedes Jahr weniger. Klar, dein Alter steigt bekanntlich mit deinem Trophäenlevel und für dieses Jahr hast du dein Ziel schon erreicht und kannst jetzt aufhören. Ach und gleiches gilt übrigens für Sport und gesunde Ernährung. Praktisch, oder? Irre. Tja, sicher hast du dir auch einen tollen Vorsatz gemacht. Ehrlich gesagt, für uns ist es, 12 neue Platintrophäen zu erreichen, für dich ist es, in Japan keine rassistischen Bemerkungen zu machen, so wie René immer. Lol.
Aber viel wichtiger ist doch, jetzt wo du 30 bist, kannst du endlich keine Ü30-Witze mehr machen. Mannomann, du wirst nun selbst erleben, wie einmal falsch liegen zu einer Woche im Krankenhaus und drei Jahren Rückentherapie führt. Vielleicht wirst du auch häufiger über die Anschaffung eines Kleingartens nachdenken. Aber irgendwie bist du ja auch in deine Persönlichkeit reingealtert. Lach. Ein Kompliment sollte das sein. Nun, unser Plan für das diesjährige Geburtstagsgeschenk war, dein romantisches Eiffelturmbild in einen ganzen Kalender zu verwandeln. Tatsächlich jeden Monat das gleiche Bild mit unterschiedlichen Jahreszeiten so dass du es immer wieder bewundern kannst. In der Praxis hätte das länger gedauert als erwartet und wenn du nächstes Jahr exakt diesen Kalender bekommen wirst, hast du diese Zeilen hier sicher längst vergessen. Naja, auch der Versuch, einen ganzen Kalender aus KI Bildern zu erstellen, ist gescheitert. Sagen wir mal, es sah einfach aus wie ein handelsüblicher Kalender. Tragisch. Aber letztendlich haben wir ein viel besseres und passenderes Geschenk gefunden und in Kürze wirst du mehr dazu erfahren. Gleich ist es so weit.
Albus sah auf die nächsten 10 Seiten des Briefs und kratzte sich verwirrt am Kopf. Worum genau ging es hier? Es musste sich um einen Code handeln. Er würde später versuchen, nur den ersten Buchstaben jedes Satzes zu nehmen, in der Hoffnung, dass sich ihm eine tiefere Bedeutung offenbaren würde. Etwas sagte ihm jedoch, dass der Rest dieses mysteriösen Briefes keine weiteren Geheimnisse enthalten würde. Es musste sein Talent für’s Wahrsagen sein.
Zuerst möchte ich aber noch einmal an unsere wunderschöne Zeit im ebenso wunderschönen Paris erinnern. Was für eine Zeit. Unzählige fantastische Fotos, köstliche Gebäcke, Erinnerungen an John Wick und was hatten wir für einen Spaß mit dem Furzkissen. Dann gab es noch diesen Moment, wo wir unsere versteckten Klingen gezückt und in den Rücken eines ahnungslosen Opfers gerammt haben. Weißt du noch, wie schockiert wir in diesem Moment waren? All das Blut, die Schreie… Es ist vollkommen möglich, dass dieser Moment noch einige Stunden in der Zukunft liegt.
Ich hoffe, dein 30-jähriger Körper ist auch bereit für eine durchzechte Oscar-Nacht, gegen die unsere Wahlnacht, naja deine Wahlnacht, unser Wahlmorgen und – vormittag komplett unspektakulär und enttäuschend wirken wird. All die Conan O‘ Brian Videos, die ich dir eingespeist habe, waren nur eine Vorbereitung auf diesen Moment. Ist dir schon aufgefallen, wie ich versuche, diesen Brief in die Länge zu ziehen?
Albus sah auf die Uhr und stellte schockiert fest, dass bereits mehrere Stunden vergangen waren.
…natürlich sind die Oscars nicht mit den fantastischen Game Awards zu vergleichen, nicht einmal mit den allerersten Game Awards, aber … warum reden wir noch über die Oscars? Oh richtig, dort gibt es Trophäen und Trophäen sind das, worauf es ankommt. Du verdienst selbstverständlich eine Platintrophäe als fantastischer Freund, Reisepartner, Multiplayer- und Filmschauer, mit dem wir definitiv noch „Herr der Ringe“ schauen werden und derzeit bester 30-jähriger. Leider erkennt Playstation keine dieser Trophäen an, was bedeutet, dass du keinerlei Vorsprung bei unserem Rennen dazu gewonnen hast. Und wie die verfeindeten Nationen im Kalten Krieg, halten wir alle „My Name is Mayo“ als ultimative Waffe in der Hinterhand. Wenn einer es nutzt, nutzen es alle. Aber hey, wenn ich dir zum Geburtstag eine Platintrophäe schenken könnte, würde ich es sofort tun. Kann ich aber nicht.
Den letzten Teil musste Albus immer wieder lesen, da er mehrmals weg nickte. Doch langsam begann er zu verstehen. Diese Trophäen…es musste um die Hauspokale gehen. Ja natürlich, jeder war auf der Jagd nach den Trophäen. Er selbst hatte erst letztens „Darmstrung Legacy“ auf dem Putindo 64 beendet. Am Ende des Spiels musste er einen roten Knopf drücken und auch wenn im Spiel nichts geschah, hatte er den Eindruck, dass er irgendetwas ausgelöst hatte. Eine Trophäe gab es allerdings nicht. Das Putindo 64 ist strickt gegen individuelle Belohnungen.
Okay Zeit, einen Schluck Wasser zu trinken. Du musstest ja jetzt schon echt viel lesen. Deswegen darfst du als nächstes etwas anschauen. Gehe dafür einfach auf den gleich folgenden Link. Bevor du dich dem stellst, aber erst noch einmal Happy Birthday und auf ein erfolgreiches neues Jahr. Okay, genug der Nettigkeiten. Los geht’s.
PS: Dieses Kapitel wird sich bald selbst zerstören.
PPS: Wofür steht eigentlich PS? Pferdestärken?
Albus war verwirrt. Dann verstört. Dann klickte er auf den Put-Tube Link.